Viele Product Owner kennen das Dilemma:
Sie schreiben sorgfältig formulierte User Stories, oft mit detaillierten Akzeptanzkriterien, klaren UI-Spezifikationen und sauberen Prozessen. Trotzdem kommen vom Team Rückfragen wie:
„Was genau soll hier passieren, wenn…?“
„Warum braucht der Nutzer das eigentlich?“
„Kann ich einfach das Pattern vom letzten Feature übernehmen?“
Auf den ersten Blick scheint es, als bräuchte das Team mehr Kontext oder klarere Vorgaben. Die Folge: Noch detailliertere Stories. Noch mehr „Handholding“. Noch mehr Verantwortung auf Seiten des Product Owners.
Aber was wäre, wenn der Detaillierungsgrad selbst das Problem ist?
Von Umsetzung zu Mitdenken
In vielen Teams entstehen User Stories primär aus der Perspektive: Was soll gebaut werden?
Das führt dazu, dass Lösungen bereits in der Story „eingebaut“ sind – der Entwickler wird zum Umsetzer, nicht zum Mitdenker.
Ein anderer Weg: Stories, die beschreiben, was der Nutzer erreichen möchte – und warum. Nicht wie.
Das verändert den Fokus:
- vom Feature zur Wirkung
- von der Umsetzung zum Ziel
- vom Briefing zur gemeinsamen Lösung
Häufige Einwände – und warum sie sich auflösen
Viele Product Owner befürchten, dass ihr Team damit überfordert ist.
Kein Produktverständnis. Zu wenig Erfahrung. Keine Zeit zum Nachdenken.
Die gute Nachricht: Es funktioniert trotzdem – wenn man den Übergang richtig gestaltet.
Was hilft:
- Klare Beschreibung des Nutzungsziels
- Konkrete, überprüfbare Kriterien für Erfolg (aus Nutzersicht!)
- Ein schrittweiser Übergang – z. B. bei kleineren Stories oder in Parallelfassung zur alten Methode
- Zusätzlicher Kontext im Refinement, nicht im Ticket
Der Effekt:
Das Team stellt andere Fragen. Es versteht den Zweck hinter der Story.
Es entwickelt Eigenverantwortung – und bessere Lösungen.
Aber was ist mit Teams, die noch nicht so weit sind?
Natürlich braucht es Zeit. Besonders bei Entwickler:innen, die neu im Produkt sind oder wenig Nutzereinblick haben. Aber genau dieser Ansatz kann helfen, das Verständnis aufzubauen – durch echte Auseinandersetzung mit dem „Warum“ hinter einer Story.
Statt blind Anforderungen umzusetzen, beginnen die Entwickler, Muster zu erkennen, Vorschläge zu machen, Risiken früh zu adressieren.
Langfristig ist das nicht nur effizienter – es macht die Arbeit im Team auch sinnvoller.
Fazit: Die Perspektive zählt
Wer möchte, dass sein Team Verantwortung übernimmt, muss dafür auch den Raum schaffen.
Nicht durch bessere Spezifikationen, sondern durch bessere Orientierung:
- Wen wollen wir damit unterstützen?
- Welches Problem lösen wir?
- Woran merken wir, dass es funktioniert?
Wenn Product Owner sich trauen, diese Fragen ins Zentrum zu stellen, beginnt sich etwas zu verändern:
Weg von „Abarbeiten“. Hin zu echter Produktentwicklung.